Stellungnahme der Petitionskommission des Grossen Rates

zur Busverlängerung der Linien 70 und 80 bis zum Bahnhof SBB. (pdf-Dokument), html-Version nachfolgend

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Grosser Rat des Kantons Basel-Stadt

Petitionskommission

An den Grossen Rat 08.5169.02

Basel, 3. November 2008

P 253 „Direkte ÖV-Verbindungen zwischen Birsfelden, Breite, Lehenmatt und dem Bahnhof Basel SBB“

Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt hat in seiner Sitzung vom 4. Juni 2008 die Petition „Direkte ÖV-Verbindungen zwischen Birsfelden, Breite, Lehenmatt und dem Bahnhof Basel SBB“ an die  Petitionskommission zur Prüfung und Berichterstattung überwiesen.

1. Wortlaut der Petition

Die unterzeichnenden Personen bitten Sie, darauf hinzuwirken, dass die Gemeinde Birsfelden sowie die Quartiere Lehenmatt und Breite der Stadt Basel mit direkten Linien des öffentlichen Nahverkehrs an den Bahnhof Basel SBB angebunden werden. Konkret fordern wir folgende Massnahmen: 1. Verlängerung der Buslinien 70 und 80 bis zum Bahnhof Basel SBB 2. Bau und Betrieb einer S-Bahn-Haltestelle „Breite“ im Bereich Zürcherstrasse / Lehenmattstrasse

Begründung: Das bestehende Netz des öffentlichen Nahverkehrs bietet keine einzige direkte Verbindung zwischen Bahnhof Basel SBB und dem Raum Breite-Lehenmatt-Birsfelden. Täglich sind Hunderte von Fahrgästen von und nach dem Bahnhof SBB deshalb gezwungen, am Aeschenplatz umzusteigen. Umsteigefreie Verbindungen steigern die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs massiv. Die vorgeschlagenen Massnahmen verbessern das Angebot des öffentlichen Verkehrs kostengünstig und effizient für grosse und dicht genutzte Wohn- und Arbeitsgebiete im Osten der Stadt Basel.

Das Anliegen der Buslinien-Verlängerung findet sich bereits in einem vom Landrat des Kantons Basel-Landschaft überwiesenen Postulat aus dem Jahre 1983. Auf die konkrete Umsetzung wartet die betroffene Bevölkerung nun seit 25 Jahren!

2. Abklärungen der Petitionskommission

2.1 Erste Auskünfte aus dem WSD

Die akademische Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlicher Verkehr des WSD informierte wie folgt: Der vom Grossen Rat am 17. Januar 2007 an den Regierungsrat überwiesene Anzug von Jörg Vitelli und Konsorten betreffend Verlängerung der Buslinie 70 bis zum Bahnhof SBB (Geschäft Nr. 06.5353.01) fordere bereits die Prüfung und den Bericht, ob die Endhaltestelle der Buslinie 70 vom Aeschenplatz an den Bahnhof SBB verlegt werden kann und ob im Interesse der ÖV-Passagiere für’s erste eine rasche unkomplizierte Lösung gefunden werden kann. Das heisst eine Linienführung ohne bauliche Massnahmen (z.B. via Markthallenviadukt – Centralbahnstrasse). Zur Beantwortung des Anzugs habe die Koordinationskommission Verkehr (Koko-V) beschlossen, eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des WSD einzusetzen. Ende 2007 habe das WSD das Ingenieurbüro Aegerter und Bosshardt, begleitet von Hochbau- und Planungsamt, Verkehrsabteilung, Abteilung ÖV BL, Stadtgärtnerei, Tiefbauamt, BVB und WSD ÖV, beauftragt, eine Studie „Linie 70/80: Haltestelle Aeschenplatz bzw. Weiterführung an den Bahnhof SBB“ zu erstellen. Im März 2008 seien die Studienergebnisse in der Koko-V und im Mai 2008 in der Paritätischen BVB/BLT-Kommission präsentiert worden. Diskutiert werde, um den Passagieren der BLTLinien 70/80 das Umsteigen auf andere ÖV-Linien zu erleichtern, eine Verlegung der Bushaltestelle vom Hammeringman vor die Migros-Bank am Aeschenplatz. Diese sei, unabhängig von der Verlängerung der Buslinien 70/80 an den Bahnhof SBB, rasch umsetzbar.

2.2 Hearing mit der Petentschaft und den Zuständigen der Verwaltung beider Basel vom 19. August 2008

Weil die vorliegende Petition auch im Kanton Basel-Landschaft eingereicht worden war, beschlossen die Petitionskommissionen beider Basel (im Folgenden PetKo BL bzw. PetKo BS genannt) eine gemeinsame Anhörung sowohl der Petentschaft als auch der Zuständigen der Verwaltung beider Kantone. Die PetKo BS liess sich wegen der Vorkenntnisse aufgrund der Auskünfte aus dem WSD durch die Präsidentin, begleitet von der Kommissionssekretärin, an der ordentlichen Sitzung der PetKo BL vom 19. August 2008 vertreten. Die Präsidentin sollte der PetKo BL mitteilen, dass die baselstädtische Petitionskommission das Petitum grundsätzlich unterstützen wolle.

An der Sitzung vom 19. August 2008 wurden zuerst die Vertreter der Petentschaft angehört. Danach kamen in einer separaten Anhörung die zuständige akademische Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlicher Verkehr des WSD, in Begleitung eines Mitglieds der Geschäftsleitung des Ingenieurbüros Aegerter und Bosshardt, welches die vom WSD in Auftrag gegebene Studie zur Busführung der Buslinie 70 vom Aeschenplatz an den Bahnhof SBB vorstellte, sowie der Leiter der Abteilung Öffentlicher Verkehr des Amts für Raumplanung BL zu Wort. Die nachfolgende Diskussion unter den PetKo BL-Mitgliedern und der Präsidentin der PetKo BS ergab, dass die PetKo BL die Forderung nach Verlängerung der Buslinie 70/80 vom Aeschenplatz an den Bahnhof SBB als berechtigt einstufte. Sie beschloss, um deren Umsetzung auf den Fahrplanwechsel Ende 2009 zu erreichen, die Petition nicht nur in ihrem Bericht an den Landrat zu unterstützen, sondern zusätzlich eine Motion mit verkürzter Frist an die Regierung BL einzureichen (siehe im Anhang: Motion und Bericht der PetKo BL, dem auch die Aussagen der Petentschaft und der Zuständigen aus den Verwaltungen beider Basel zum Petitum zu entnehmen sind).

2.3 Landratssitzung vom 16. Oktober 2008

Am 16. Oktober 2008 wurden sowohl der Bericht der PetKo-BL zur vorliegenden Petition, wie auch die Motion behandelt. Dabei wurde die Forderung 1 der Petition - die Buslinienverlängerung - in zustimmendem Sinn an die Regierung überwiesen (mit 76:0 Stimmen ohne Enthaltungen). Zudem wurde die Motion 2008/232 der Petitionskommission beraten. Die Regierung wollte den Vorstoss nur als weniger verbindliches Postulat entgegennehmen; diesem Wunsch haben sich die SVP- und FDP-Fraktion angeschlossen, während die SP-, CVP/EVP- und die grüne Fraktion an einer Motion (mit verkürzter Bearbeitungsfrist) festgehalten haben. Die Motion wurde letztlich mit 55:20 Stimmen bei 1 Enthaltung überwiesen. In der Diskussion wurde Baudirektor Jörg Krähenbühl aufgefordert, dieses Geschäft zur Chefsache zu machen und sich mit Nachdruck bei den baselstädtischen Behörden dafür einzusetzen, dass die 70er- und 80er-Busse ab Fahrplanwechsel Dezember 2009 über den Aeschenplatz hinaus bis zum Bahnhof SBB fahren.

3. Erwägungen der Petitionskommission

Vorweg dankt die Petitionskommission der akademischen Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlicher Verkehr des WSD für ihre kommunikative Art, wie sie die Kommission kompetent zur Sache informiert hat. Sie war jederzeit bereit, verschiedenste Fragen zu beantworten. Dank gebührt ihr zudem dafür, dass sie verschiedensten Personen, die am Petitum interessiert sind und waren, das persönliche Gespräch mit ihr ermöglicht hat.

Forderung 1: Verlängerung der Buslinien 70 und 80 bis zum Bahnhof Basel SBB

Der vom Grossen Rat am 17. Januar 2007 an den Regierungsrat überwiesene Anzug von Jürg Vitelli und Konsorten betreffend Verlängerung der Buslinien 70/80 bis zum Bahnhof SBB bewirkte, dass vom Ingenieurbüro Aegerter und Bosshardt eine umfassende Studie zur Verlegung der Endhaltestelle der BLT-Linie 70/80 erarbeitet worden ist, welche empfiehlt, „diese Linien via Markthallenviadukt in die Centralbahnstrasse West zu führen, sofern dies wirtschaftlich und betrieblich vertretbar und auch die Entflechtung der Haltestellen des ÖV’s und der Taxis möglich sei. Ansonsten sei die Variante „Migrosbank“ umzusetzen. Mit der Variante Migrosbank könne eine direkte Anbindung zum Bahnhof SBB zwar nicht gewährleistet werden; die neue Haltestelle verbessere die Umsteigebeziehungen am Aeschenplatz jedoch deutlich. Auch sei diese Variante einfach und kostengünstig umsetzbar da, zumindest tagsüber, kein zusätzlicher Buskurs eingeführt werden müsse.“

Die Forderung nach einer besseren Anbindung an den Bahnhof SBB für die Passagiere der BLT-Buslinien 70/80 könnte demgemäss zumindest teilweise, und ohne allzu hohe Kosten zu verursachen, erreicht werden, indem in einem ersten Schritt die Bushaltestelle vom Hammeringman vor die Migros-Bank am Aeschenplatz verlegt wird. Die Petitionskommission spricht sich daher für eine rasche Verlegung der Busstation aus, losgelöst von der Diskussion über eine verlängerte Buslinienführung vom Aeschenplatz an den Bahnhof SBB.

Grundsätzlich gilt für die Übernahme der Kosten einer ÖV-Linie das Territorialprinzip. Für den Kanton Basel-Stadt bedeutet dies, dass er eine Strecke auf Basler Boden, welche von den BLT befahren wird, bezahlt und demgemäss die Kosten für die verlängerte Buslinienführung vom Aeschenplatz an den Bahnhof SBB übernehmen müsste. Gemäss Aussage der Zuständigen aus dem WSD habe eine Computersimulation gezeigt, dass mehr Leute aus dem Raum Breite/Birsfelden zum Aeschenplatz oder in die Innenstadt fahren wollten als zum Bahnhof. Die Linienverlängerung würde Mehrkosten verursachen, obwohl sie keine neuen ÖV-Nutzer generiere, sondern die Fahrgäste nur weiter transportiere oder diese von anderen Linien abziehe. Es gäbe also keine Umsteigebewegung von individual- zu öffentlichem Verkehr, wie von den Petenten u.a. behauptet werde.

Die einstimmige Überweisung der Forderung der Petition im Landrat und auch die Deutlichkeit, mit der die von der PetKo BL eingereichte Motion vom Landrat unterstützt wurde, zeigen, wie sehr das Anliegen der Petentschaft im Kanton Basel-Landschaft politisch unterstützt wird. Dass aufgrund der Linienverlängerung gar kein Umsteigeeffekt auf das öffentliche Verkehrsmittel stattfinden soll, mag dahin gestellt bleiben. Die Ergebnisse der Computersimulation dürfen insofern in Frage gestellt werden, als dass die Simulation nicht berücksichtigt, dass viele potentielle Passagiere dieser Strecke mit viel Gepäck unterwegs sind und somit eine direkte Verbindung ein gewichtiges Argument für die Benutzung des ÖV sein kann. Von der Linienverlängerung würden, davon ist die Petitionskommission überzeugt, jedenfalls auch in der Stadt Wohnhafte profitieren können. Die Diskussion über die Kostenverteilung sollte nicht Grund für eine Ablehnung der nachvollziehbaren und seit 25 Jahren bestehenden Forderung nach einer verlängerten Buslinienführung der Buslinien 70/80 sein.

Die Petitionskommission bittet demgemäss den Regierungsrat, das Anliegen 1 der Petition zu unterstützen und zügig entsprechende Verhandlungen mit dem Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft aufzunehmen.

Forderung 2: Bau und Betrieb einer S-Bahn-Haltestelle „Breite“ im Bereich Zürcherstrasse / Lehenmattstrasse

Anlässlich der PetKo BL-Sitzung vom 19. August 2008 sagten die Vertreter der Petentschaft, sie seien bezüglich Standort einer S-Bahnhaltestelle im Bereich Breite Zürcherstrasse/ Lehenmattstrasse offen, ihnen wäre eine solche auch mitten auf der Schwarzwaldbrücke oder bei der Solitude recht. Wichtig sei, dass dieser Bereich der Stadt abgedeckt und das Trassee besser genutzt werde. Gemäss Auskunft der akademischen Mitarbeiterin der Abteilung Öffentlicher Verkehr des WSD sei im Entwurf Richtplan Haltestelle Breite/Wettstein eine S-Bahnhaltestelle auf der Eisenbahnbrücke als Vororientierung enthalten. Dazu bestehe auch ein Anzug von Stephan Gassmann und Konsorten betreffend Errichtung einer S-Bahn-Haltestelle „Solitude“, welcher vom Grossen Rat mit Beschluss vom 23. Januar 2008 an den Regierungsrat überwiesen worden ist. Zum Thema soll eine Gesamtkonzepterarbeitung im Gange sein. Die S-Bahnhaltestelle sei eine langfristige Option, bis jetzt gebe es noch keine Potentialabschätzung, es handle sich um eine technisch schwierige Planung, die sinnvolle Lage neuer S-Bahnhaltestellen werde untersucht und deren Machbarkeit geprüft.

Die Petitionskommission ist der Ansicht, dass mit einer Realisierung der Verlängerung der Buslinien 70/80 an den Bahnhof SBB ein wichtiger Schritt zur weiteren Abdeckung der Bedürfnisse nach einer guten Verbindung mit dem öffentlichen Verkehrsmittel an den Bahnhof SBB im Bereich Lehenmattquartier erreicht würde. Eine Umsetzung der Forderung nach einer S-Bahnhaltestelle im gleichen Gebiet, das schon von der Busverlängerung profitieren würde, scheint im Moment eher zweitrangig und noch von vielen Abklärungen abhängig zu sein. Als wichtig erachtet es die Petitionskommission, dass die Realisierung einer S-Bahnhaltestelle in diesem Gebiet diskutiert, evaluiert und weiter verfolgt wird.

4. Antrag der Petitionskommission

Die Petitionskommission beantragt, vorliegende Petition an den Regierungsrat zur abschliessenden Behandlung zu überweisen.

Im Namen der Petitionskommission des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt

Loretta Müller, Präsidentin

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